"Tutela Sine Venia"
1. Vorschau
2. Die Vorgaben
Ein scharfes, "funktionierendes" Bastardschwert stand auf meiner Wunschliste. Allerdings hier im Gegensatz zu einer Trainingswaffe, mit völlig anderen Prämissen bei Suche und Auswahl. Es sollte eine steife, aber breite Klinge haben, (ein etwas höheres Gewicht ist wegen der Wirkung im Ziel gar wünschenswert). Solide gebaut darf, nein, muss es also sein, dennoch: die Balance sollte stimmen. Den Ort bitte nicht zu dünn, gegen Rüstungen muss es nicht bestehen, es darf gerne auch etwas schärfer sein, denn auf andere Klingen wird es wohl eher nicht treffen... all das führte mich bei begrenztem Budget recht schlüssig zu:
3. Das Mercenary von Hanwei
Bei der Ankunft:
rster Spoiler:
Und auch in der Scheide:
zweiter Spoiler:
Das "Mercenary" von Hanwei, ein typisches Schwert vom Typ XX (ca. 1350-1450). Nach einiger Recherche schien es wirklich genau das Richtige zu sein, gebaut wie ein Panzer, aus gutem 1566 (AISI/SAE) Kohlenstoffstahl und vor allem: Es ist auch noch bezahlbar, um nicht zu sagen "billig", aber billig gearbeitet ist es nicht. Es ist gesamt 119,4 cm lang, hat eine 89,5 cm lange und sehr steife Klinge mit drei Fullern,
...die recht genau am point-of-percussion enden, von dort bis zum Ort weist die Klinge dann einen Diamantquerschnitt auf.
Die Klinge weist eine distale Verjüngung auf, ist dabei 4,7mm - 5,6mm stark und am Ricasso 51,8mm breit.
Durch dieses Ricasso sitzt das Schwert sogar sehr fest in der mitgelieferten Scheide (mit Holzkern) und fällt auch über Kopf gedreht nicht heraus.
(Frage: Warum macht man eigentlich dunkelbraune Riemen an eine schwarze Scheide?)
Der Pommel ist recht schön und die Angel, wie es sich gehört, im Pommel vernietet.
Die Schneide ist scharf, aber noch nicht abgezogen, bzw. poliert, dies wird dann noch beim Feintuning erledigt.
Das Schwert wiegt 1.964 g und lässt sich sehr handlich bewegen. Alleine der Griff ist definitiv, wie auch recherchiert, viel zu dick und wird noch etwas überarbeitet und dann neu beledert. Dabei werde ich aber auch wieder eine Daumenmulde und ein Kreuzleder hinzufügen.
4. Der Koffer
Der Koffer sollte eigentlich genau passen und zukünftig sowohl den Einhänder als auch diese Bastardschwert unter Verschluß halten. Aber es zeigte sich, dass die Parierstange rund 1 cm zu breit war. Schließt man den Koffer, baut das soviel Spannung auf, dass der Koffer nicht mehr sauber und gasdicht verschlossen ist, man bekommt auch nur drei der Verschlüsse fest. Nun gibt es ja die Möglichkeit ggf. die Parierstange etwas zu kürzen, aber das wollte ich nur dann machen, wenn es vom Gewichtstrimm beim Feintuning wirklich erforderlich wird, denn auch das Gehilz wird ja schon rund 20-30g leichter durch die geplante neue Form. Mit der Balance bin ich eigentlich recht zufrieden, also wählte ich hier die andere Möglichkeit und passte eben den Koffer an. Da er aus einem Thermoplast besteht, habe ich mittels einer im Durchmesser vergleichbaren, runden Stahlstange und einer Lötlampe die Innenschale an beiden Seiten, da wo die Parierstange anliegt, eine jeweils 0,6cm tiefe, halbrunde Nute in mehrfachen Durchläufen eingeformt.
Der Deckel geht nun wieder runter bis auf die Dichtung und sauber zu, kann ordentlich verschlossen werden und so dann für beide Schwerter ordentlich benutzt werden.
Um Druckstellen an der Lederscheide zu vermeiden habe ich das Ölputztuch zwischen Parier und Scheide positioniert...
. 5. Das Gehilz & Kreuzleder
Bestes Wetter, Karfreitag 2020, und selbst das Kanufahren ist seit gestern "touristisch und "von Mutti verboten". Das Leder kam gestern noch an, also habe ich jetzt genügend Zeit für die weiteren Arbeiten...
5. 1. Die Daumenmulde
Als erstes "meine Daumenmulde" zum bequemen Umgreifen, der Abstand der oberen Kante der Parierstange zur Klinge ist hier ja auch schon enorm:
Er verringert sich so um ein gutes Stück...
Es kommt noch ein solides Kreuzleder (Rainguard) darüber und ich habe keine störenden Kanten übrig gelassen. Natürlich muss das Kreuzleder auch sauber über die Klinge passen, original war das kein Problem...
Und auch nach der Bearbeitung ist dieser Abstand gegeben, das Leder soll ja eng an der Mulde anliegen...
Hier aus einer anderen Perspektive, man kann auch die Asymmetrie erkennen, so, dass der Daumen, (der auf diesem Bild ja von rechts in die Mulde rutscht), leicht die richtige Position erreichen kann.
Hier ist der Edelstahlring zu sehen, der von mir mit "eingeledert wird, die Haltelasche des Kreuzleders hat hier keine störende Kante mehr...
Ja, der Daumen liegt direkt bequem in der Mulde und hat so etwas mehr Kontrolle, so wie ich es mir auch wünsche...
Bei der Daumenmulde ist es wichtig, nicht einfach mit einem zylindrischen Schleifstein einen Mulde einzuschleifen, sondern diese wirklich passend für den eigenen Daumen langsam in das Material ein zu arbeiten und immer wieder zu probieren, wo das Material besser stehen bleibt und wo man etwas wegnehmen kann. Der Aufwand lohnt sich.
5. 2. Das Griffstück
Nun geht es an die Form des Gehilzes. Von der vormals zu dicken, runden Form, wollte ich zu einer historisch korrekten Form, die schon in der Hand die Lage der Klinge fühlen lässt und diese dadurch besser kontrollierbar macht. Wirklich gut gefallen, hat mir die Art der Form beim Albion "Maximilian Landsknecht Schwert". Hier kann ich nur freihand, langsam mit einer Feile arbeiten und muss das Ergebnis wieder permanent kontrollieren, damit es anschließend weder zu dick noch zu dünn wird. Da diese Waffe wohl von mir kaum mit dicken Handschuhen geführt wird, ist das auch schnell zu prüfen.
Zunächst muss das billig wirkende Glattleder runter. Es wird dann später durch ein wunderschönes, tiefschwarzes Velourleder ersetzt um eine komfortable Griffigkeit zu gewährleisten....
Um die Werkzeuge nicht zu verschmutzen wird das Holz mit einer Klinge abgezogen, so entfernt man den Kleber absolut rückstandslos.
Hilfslinien an der Seite...
und auf der Ober- / Unterseite, erleichtern das Feilen ungemein.
Dadurch, dass das Schwert schon am Gehilz "dranhängt", macht die Arbeit nicht einfacher. Aber die Form lässt sich recht gut aus dem Holzrohling rausarbeiten.
Unter das Gehilz habe ich mal das wunderbare und dicke Velourleder gelegt, damit man schon mal eine Vorstellung von der Farbe hat.
Jetzt passt der Griff zu meiner Hand und ich freue mich schon auf das Beledern.
Aber, irgendwie ... war ich mit dem Griff der linken Hand doch noch nicht richtig zufrieden. Hier musste ich nochmal ran, da hatte ich ein wenig zu viel Holz abgetragen, auch die Linie des Originals war nicht ganz korrekt. Nun, mit Holz auffüllen und erneut runterschleifen geht auch, aber ich entschied mich, die Lücken mit dickem Kernleder auf zu füllen. Das lässt sich ja ebenfalls gut modulieren und die passenden Reste hatte ich vom Vorschnitt der Kreuzlederrohlinge übrig.
Formen, schneiden, schnitzen, schleifen...
Und so sieht das schon viel besser aus, vor allem "passt es" jetzt auch der linken Hand... (Hier sieht man auch gut diese komische Kerbe vor dem Pommel, da wurde das Leder ursprünglich mit einem Edelstahlring eingepresst. Industrie eben.... Der doofe Ring wurd en miniature weggeflext. aber das muss vor dem Beledern natürlich noch unbedingt richtig nivelliert werden.)
5. 3. Das Kreuzleder
Zwei Rohlinge aus 3mm Kernleder 70x75 mm hatte ich bereits vorbereitet und grob angepasst. Die mittleren Klebezungen werden auf 0,9 mm ausgedünnt.
Für einen engen Sitz habe ich natürlich auch die Auflage der Parierstange und den Bereich der Daumenmulde ausgeschärft. Das geht auch ohne Lederhobel, da ich einen solchen aber noch entbehre, musste das mit frischen Teppichmesserklingen gehen, die man allerdings oft wechseln sollte.
So, fertig geformt und gelocht...
Diesesmal wollte ich ein ganz simples Muster, welches das Klingendesign der drei Fuller aufgreift. Um das zu "punzieren, habe ich mir mit dem Dremel einen Nagel entsprechend zugeschnitten, dann wurde gefärbt. Die Halteschnallen der Scheiden waren im Gegensatz zur Scheide ja nicht wirklich schwarz, sondern nur tiefdunkelbraun. Das konnte ich jetzt schnell korrigieren.
Nach dem Trocknen wurde die Kreuzlederhälften solide vernäht und mit den Klebelaschen exakt positioniert, so dass die punzierten Linien auch die richtige Flucht mit den Klingenrillen einhalten.
Die klassischen Gripringe wurden angepasst, die untere Kerbe auf das richtige Niveau gebraucht. Nun kann man das Griffleder zuschneiden...
5. 4. Das Beledern
Nach dem abkühlen konnte die Schnürung entfernt werden und die punzierten Linien provisorisch silber eingefärbt werden. Noch ein paar Feinarbeiten sind zwar nötig, aber mir gefällt es auch so schon sehr gut und es liegt fantastisch und griffig in der Hand:
5. 5. Die Scheide
Auch diese möchte ich gerne passend gestalten, Diesesmal wird sie den Namen des Schwertes tragen, aber nach dieser langen Ostersession habe ich jetzt erst mal keine Lust mehr und verbringe den Rest des Tages mal mit süßem Nichtstun, für feine Arbeiten sind die malträtierten Finger ohnehin nicht geeignet.
Die Vorlage für die Scheide habe ich noch erstellt, die Umsetzung erfolgt aber später...
Jetzt wird die Vorlage gedruckt, zugeschnitten und richtig positioniert, dann mit Blaupapier übertragen. Allerdings kann man blau auf Schwarz nur ganz fein gegen das Licht erkennen, ... war ja klar.
Mit rot wollte ich dieses Mal nicht arbeiten, aber zweifarbig musste es ja werden, also Gold & Silber, später auf "antik" getrimmt, sieht das bestimmt ganz passabel aus. Erst mal den Schriftzug und die Bereiche der Verzierung, die mit der güldenen Farbe gearbeitet werden...
Nun mit Silber vervollständigen und gut trocknen lassen.
Leicht und unregelmäßig anschleifen, dann mit schwarzer Ölfarbe "altern", erneut trocknen lassen und fertig ist die Scheide.
6. Gewichtstrim?
Die Balance hat sich kaum geändert, ja, es ist etwas ortlastig, durch den massiven Pommel aber für ein solch "schweres" Schwert ausreichend handlich und wirklich schnell genug. Man darf ein Schwert, was eine entsprechende Wirkung im Ziel haben soll, ja nicht mit einer flinken Fechtfeder vergleichen. Ich bin sicher, etliche Kriegsknechte hätten im Mittelalter leuchtende Augen bekommen, wenn man es ihnen überlassen hätte.