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Die "Daumenmulde"

Ein bisschen Feintuning am Parier

Bevor das Kreuzleder angepasst werden kann, steht zunächst ein Feintuning der Parierstange auf dem Programm. Sie muss noch fein ausgerichtet werden und ich möchte so, neben der Optik, auch die überlieferten Gehilzformen schlicht etwas weiter-entwickeln. Das wird sicherlich keine Revolution, aber ist vielleicht ein Schritt, auf eine moderne ergonomische Gehilzform hin. Auch das Griffdesign wurde seit Jahrhunderten nicht mehr geändert. Seit es Schusswaffen gibt, wurde in diesem Bereich der Blankwaffen tatsächlich jegliche Entwicklung sträflich vernachlässigt. Auch heute findet, außer der Verwendung moderner und hochwertiger Stähle keine wirkliche Entwicklung des langen Schwertes mehr statt. Als unkonventionell denkender "Neuling", habe ich noch so einige Ideen, die ich gerne experimentell umsetzen möchte und dann auf ihre Praxistauglichkeiten testen will. Meine Trainer sind da die "Leidtragenden", müssen sie mir doch mit ihrem guten Wissen und ihren Kampferfahrungen helfen, zwischen "Flausen" und Innovation zu unterscheiden.

Hier geht es jetzt erst mal nur um diesen Bereich:

Klingenfutter im Parier

Ich hatte mich bei dem Entwurf extra für ein balliges Klingenfutter mit schon gerundeten Kanten entschieden, damit hier zum Spielen auch noch etwas Material abgenommen werden kann, ohne die Stabilität der Parierstange im Kampf zu gefährden.

Aber wozu will, beziehungsweise sollte man denn da Material entfernen wollen?

Nun: Komfort und unter Umständen gar ein Tick Schnelligkeit bei hoher Präzision!

Viele Parierstangen sind gerade am Klingenfutter recht scharfkantig und dann oft auch noch in V-Form ausgestellt. Beim gewöhnlichen Griff z.B. für einen Oberhau oder Zornhau ist das völlig egal. Greift man nun aber um, z.B. für einen Zwerchhau, so dass man den Daumen auf das Ricasso, bzw. auf den Beginn der Hohlkehle legt, um das Schwert in dieser Daumenlage zu führen, merkt man oft die (zu) scharfen Kanten. Gerade beim Trainieren ohne, oder nur mit leichten Handschuhen, ist das unkomfortabel und oft auch durch eine heraustehenden vertikale Kante in der Mitte, (ein beliebtes  Designelement), sehr undefiniert. Auch bleibt der Handschuh beim schnellen Griffwechsel ein wenig hängen, nicht wirklich behindernd, aber meist doch recht nervend.

Die Idee ist nun, das Parier auf einer Seite für Rechtshänder so umzuarbeiten, dass durch eine leichte Modifikation der Form, der Wechsel des Griffs zur Daumenlage erleichtert wird. Damit lege ich natürlich auch fest, welche Klingenseite fürderhin die lange und welche die kurze Schneide ist. (Bei späteren Schwertern werde ich dann beide Seiten umarbeiten. Bei diesem Schwert möchte ich aber noch durch eine simple 180° Drehung "erfühlen" können, ob diese Pariermodifikation im Kampf und im Training wirklich Vorteile bringt, oder ob es sich einfach nur besser anfühlt, oder aber auch gar keinen Effekt hat...)


Urzustand von der Schmiede

Nach sehr langsamer Materialabnahme mit dem Dremel, in vielen kleinen Durchgängen mit anschließender "Anprobe, sieht das Ergebnis so aus. (Wie erwähnt, nie so viel Material abtragen, dass die Stabilität leidet, die Waffe muss sicher bleiben!)

mit Daumenmulde


Hier kann man schon gut erkennen, dass die Mulde nicht symmetrisch ist, nein, sie ist eben für Rechtshänder optimiert.

Die Rundung, die hier mit 1. gekennzeichnet ist ist am steilsten, hat also den kleinsten Radius und geht vertikal über das gesamte Klingenfutter. Dies ist die Kante, an die der rechte Daumen anliegen soll, quasi die Führungskante bei Daumenlage. Gegenüber im mit 2. gekennzeichneten Bereich ist die Kante fast so stark ausgeprägt wie im gelben Bereich, ist aber nur halb so lang. Der Bereich dazwischen ist natürlich schön gerundet, geschliffen und absolut gratfrei.

Der Bereich 3. ist dagegen viel flacher im Übergang und erleichtert es dem Daumen beim Umgreifen leicht und schnell bis zur Kante 1. (im Bild oben!) zu rutschen.

Kanten daumenschonend

Auch die Kanten zum Griff (1.) und zur Klinge (2.) werden leicht angeschrägt und verrundet, es soll ja komfortabel werden. (Mit richtigen Freikampfhandschuhen ist der Effekt natürlich viel geringer, sollte aber dennoch bei der Führung und bei schnellen Wechseln helfen.)

Es ist zwar schwer zu sehen, aber ihr müsst euch den Ablauf einfach mal vorstellen. (Um den Kamerawinkel zum Schwert halten zu können und das Schwert daher auf der gleichen Ebene vor dem Hintergrund zu lassen, greift die rechte Hand auf den folgenden Bildern um 90° um das Schwert herum.) Oder ihr schnappt euch jetzt ein Schwert und greift einfach selbst einmal um, dann merkt ihr, was diese Daumenmulde bezwecken soll. Gerade wenn man z.B. einen Zwerchhau im Ochs kontern will, sollte die Daumenmulde eine schöne Hilfe darstellen, denn da empfiehlt es sich ja um die Finger zu schützen, mit der ganzen Hand nicht bis unmittelbar an die Parierstange zu greifen und den Daumen eher auf das Parier, als darüber hinweg bis auf die Klinge zu legen. Hier der ganze Bewegungsablauf in Einzelbildern:

Die Ausgangshaltung

Die rechte Hand lockert den Griff, man lässt das Schwert langsam um 90° "fallen" und der Daumen schiebt sich leicht und sanft auf das Klingenfutter...

das "Drüberrutschen"

Nun kommt der Daumen zwischen der "halben" Kante links und der "Führungskante" rechts zum Liegen und richtet sich dabei auch quasi "automatisch" wirklich gerade aus....

das Ausrichten

Wenn man nun wieder richtig fest zugreift, liegt der Daumen perfekt und sicher auf dem Klingenfutter, was ja auch Sinn und Zweck dieser Modifikation ist:

Endhaltung

Über diese Mulde kommt nun das Kreuzleder, welches durch die Mulde auch schön und ohne störenden Übergang direkt am Leder des Griffes anliegt und so ebenfalls den Griffwechsel erleichtert. Die Mulde ist ja auch durch das Kreuzleder noch gut fühlbar. Momentan fühlt sich das im Training auf jeden Fall schon mal Klasse an und ich werde zukünftig diese Modifikation wohl bei allen zukünftigen Errungenschaften "nachrüsten".